…diese Frage zu diskutieren, erfordert einige biologische Grundkenntnisse.
Gene
Bei Menschen liegt DNA im Zellkern in Form einer Doppelhelix vor. Sie setzt sich aus verschiedenen organischen Basen, die jeweils an einem Zuckermolekül gebunden sind, zusammen. Zwei Basen liegen sich dabei stets komplementär gegenüber. Die Zuckermoleküle sind jeweils über einen Phosphorsäurerest miteinander verbunden.
Bestimmte Abschnitte auf der DNA, speichern
- entweder Erbinformationen
- oder Informationen über den Aufbau bestimmter Proteine.
Unter Erbinformation versteht man den Code für eine bestimmte vererbbare Eigenschaft – zum Beispiel die Augenfarbe oder die Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Krankheit zu bekommen. Die Eigenschaften sind durch die Anordnung der Basenpaare in der DNA festgelegt. Werden Sequenzen in der DNA verändert, kommt es zu Veränderung der Erbeigenschaften – genannt Mutationen.
Um aus einer DNA-Sequenz ein Protein herzustellen wird mRNA („messenger“-Ribonukleinsäure) als Botenmolekül benötigt. Die Nukleinsäure ist analog der DNA aufgebaut, umfasst allerdings nur einen Strang – und unterscheidet sich in einer Base und der Art des Zuckermoleküls.
Mithilfe verschiedener Enzyme wird ein komplementäres mRNA-Molekül an dem DNA-Abschnitt von Interesse gebildet, und aus dem Zellkern heraus ins Zellplasma geschleust. Dort kann an den Ribosomen die Übersetzung in ein Protein erfolgen.
Viren
Viren sind in der Lage ihre genetische Information entweder in Form von DNA aber auch in Form von RNA zu speichern. Außer der Nukleinsäure enthalten sie lediglich Proteine und gegebenenfalls Lipide, jedoch keine weiteren Zellorganellen. Deshalb sind nicht eigenständig vermehrungs- oder stoffwechselfähig, sondern zwingend auf Wirtszellen angewiesen.
Das Eindringen des Virus – also die Infektion der Zelle – beginnt üblicherweise mit dem Andocken an einen Rezeptor an der Zelloberfläche. Dies ermöglicht die Aufnahme des Viruspartikels ins Zellinnere. Nun wird die Proteinhülle des Virus durch Enzyme abgebaut und die RNA oder DNA freigelegt.
Die genetische Information wird durch die Organellen der körpereigenen Zelle vervielfältigt und bildet den Bauplan, um neue Virusbausteine herstellen zu lassen. Zum Schluss werden die Bausteine wieder zu einem neuen Virus zusammengefügt und wieder aus der Zelle ausgeschleust.
Die DNA im Zellkern der Wirtszelle bleibt davon vollkommen unberührt. Eine Ausnahme bilden wenige Viren, die das Enzym reverse Transkriptase besitzen, wie zum Beispiel das HI-Virus. Dieses Enzym ermöglicht dem Virus seine eigene DNA in die der Wirtszelle zu integrieren.
Immunreaktion
Werden im Körper fremde Virusbestandteile erkannt, wird das Immunsystem aktiviert.
Das Einsetzen einer Entzündungsreaktion und die damit verbundene Aktivierung von Makrophagen und natürliche Killerzellen stellt eine erste unspezifische Abwehrreaktion des angeborenen Immunsystems dar. Eine virusspezifische Antikörperreaktion erfolgt erst nach dem Erkennen des spezifischen Antigens.
Es muss an einem bestimmten Oberflächenmolekül der Wirtszelle andocken, um vom Körper als Antigen erkannt zu werden. Dann können T-Zellen daran binden.
T-Zellen kann man unterscheiden in
- zytotoxische T-Zellen („T-Killerzellen“), die direkt die Zellzerstörung anordnen und
- T-Helferzellen, welche über Entzündungsbotenstoffe Makrophagen aktivieren oder die die B-Zellen dazu anregen, Antikörper zu produzieren.
Antikörper sind in der Lage spezifisch an die antigene Zielstruktur zu binden und diese somit zu neutralisieren. Der Antigen-Antikörper-Komplex wird durch Faktoren des unspezifischen Immunsystems abgebaut. Trifft der Körper zu einem späteren Zeitpunkt auf den selben Erreger, so kann er diese Antikörper in der Regel erneut produzieren und die Antigene gezielter bekämpfen.
Impfungen
Dieses Prinzip wird bei allen aktiven Immunisierungen ausgenutzt.
Bisher wurden zur Impfung entweder
- abgeschwächte oder inaktivierte lebende Viren (Lebendimpfstoffe)
- oder abgetötete Viren (Totimpfstoffe), bzw. nur Virusproteinbruchstücke (Spaltimpfstoffe)
eingesetzt.
Tot- und Spaltimpfstoffe rufen allein meist eine zu geringe Immunreaktion hervor, daher ist bei diesen in der Regel der Zusatz eines Adjuvans notwendig¹.
Unter den Impfstoffkandidaten zur Bekämpfung der Corona-Pandemie befinden sich mehrere Vertreter mit einem neuartigen Wirkprinzip: Nicht das Virusantigen, sondern dessen Bauanleitung soll dem Körper zugefügt werden – in Form von RNA. Die genetische Information kann dabei entweder in ein Trägervirus integriert sein (Vektorimpfstoffe) oder als reine modifizierte mRNA verimpft werden (RNA-Impfstoffe).
RNA-Impfstoffe
An dem Prinzip, den Körper mithilfe der Bauanleitung das Zielantigen selbst herstellen zu lassen, wird seit den letzten zwei Jahrzehnten geforscht, noch nie hat es ein Impfstoff jedoch bisher zur Zulassung geschafft. Dass ein nun solch ein Präparat in sehr kurzer Zeit entwickelt und zur flächendeckenden Anwendung freigegeben wird, führt zu Skepsis und Verunsicherung – und gleichzeitig zu vielen Fehlinformationen.
Entwicklung in kürzester Zeit – auf Kosten der Sicherheit?
Üblicherweise benötigt es im Schnitt etwa 8-17¹ Jahre Forschung, bis ein Impfstoff entwickelt und zugelassen wird. Dabei spielt nicht nur die Dauer der Forschungsarbeit, sondern auch die Bearbeitungszeit der Behörden, wirtschaftliche Überlegungen und die Dringlichkeit der Entwicklung eines Präparates eine Rolle.
Aufgrund der globalen SARS-CoV-2-Pandemie arbeiten Hersteller und Behörden weltweit seit Anfang des Jahres daran, schnellstmöglich einen wirksamen Impfstoff zu entwickeln. Dieses Projekt hat in der Bearbeitung höchste Priorität und wird von verschiedenen Regierungen auf der ganzen Welt wirtschaftlich gefördert (375 Millionen € wurden beispielsweise in Deutschland vom Bundesforschungsinstitut zur Verfügung gestellt²). Aufgrund der starken Ausbreitung des Corona-Virus ist ersichtlich, dass ein Impfstoff dringend benötigt wird, und somit auch der Nutzen die Investition des Entwicklungsaufwandes übersteigt. Die Impfstoffentwicklung wird von behördlicher Seite mit höchster Priorität bearbeitet, die Hersteller stehen zu jedem Zeitpunkt der Entwicklung eng mit den Behörden im Kontakt. Aktuelle Zwischenergebnisse werden den Behörden rasch mitgeteilt, die diese bereits laufend bewerten – und nicht wie üblich, erst nach vollständiger Einreichung sämtlicher Ergebnisse.
Der Weg zur Zulassung kann also schneller durchlaufen werden, da an vielen Stationen die Ampeln aufgrund der Dringlichkeit auf Grün stehen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass für die Versuche geringere Sicherheitsstandards gelten oder Anträge unkritisch „durchgewunken“ werden.
Der erste Schritt ist die Erforschung des Antigens. Durch Vorkenntnisse der SARS-CoV-1 Epidemie in 2002/2003 konnte das Spike-Protein rasch als Zielstruktur erkannt und dessen Aufbau entschlüsselt werden. Anschließend erfolgen vorklinische Untersuchungen in Tieren und/oder Zellkulturen, die Sicherheit und Wirksamkeit bei geeigneter Dosierung untersuchen, bevor die ersten Studien am Menschen beginnen können.
Im Gegensatz zur Entwicklung therapeutischer Arzneistoffe unterscheiden sich die regulatorischen Anforderungen bei der Impfstoffentwicklung in diesem Schritt³. Bei Arzneistoffen, die eine Krankheit heilen sollen, kann man diesen meist dosisabhängigen therapeutischen Effekt anhand klinischer Parameter messen und nachweisen, was bei Impfantigenen nicht der Fall ist. Tierexperimentelle Ergebnisse sind außerdem nicht zwangsläufig auf Menschen übertragbar. Daher bieten die Arzneimittelüberwachungsbehörden Handlungsempfehlungen zum Risikomanagement, an denen sich Hersteller orientieren können bevor ein neuer Impfstoff in Phase I übergeht³ ⁴.
Phase I erfolgt an einer geringen Teilnehmerpopulation von 30-50 Personen und überprüft Sicherheit und Immunogenität. Diese ersten Testergebnisse werden in der anschließenden Phase II, in der mehrere hundert Proband*innen teilnehmen, validiert. In dieser Phase wird ebenfalls die optimale Dosis und das Applikationsschema erprobt, welches in der darauffolgenden Phase III umfassend untersucht wird. In dieser letzten Phase, die etwa 3000-10000 Teilnehmer*innen umfasst, werden die zulassungsrelevanten Daten bezüglich Nebenwirkungen und Wirksamkeit erhoben. Sie kann für gewöhnlich zwei bis vier Jahre dauern¹ ³. Um die Wirksamkeit statistisch relevant auswerten zu können, benötigt man eine bestimmte Anzahl an Erkrankungen die innerhalb der Studiengruppen aufgetreten sind. Diese Zahl ist wesentlich schneller erreicht, wenn der Erreger stark verbreitet vorkommt, und eine Infektion wahrscheinlicher ist.
Da Langzeitfolgen und (sehr) seltene Nebenwirkungen auch in Studien mit mehreren Tausend Teilnehmer*innen nicht statistisch sicher erfasst werden können, ist es üblich nach der Zulassung weitere Anwendungsbeobachtungen durchzuführen, sogenannte Phase IV bzw. „Postmarketing“-Tests. Das Risikomanagementsystem umfasst die Überwachung und Meldung jeglicher Nebenwirkungen an die Arzneimittelbehörden, sowie die sich daraus ergebende Einleitung entsprechender Maßnahmen¹.
Risiken und Nebenwirkungen…
Auf dem Weg zur Zulassung des Impfstoffes BNT162b2 (Tozinameran, Comirnaty®) wurden einige Schritte also verkürzt, kombiniert und beschleunigt, doch es wurde kein wesentlicher Schritt ausgelassen. Alle klinischen Untersuchungen entprachen den ICH-Standards der good clinical practice. Die im Juli 2020 begonnene Phase III-Studie umfasste 43448 Proband*innen. Sie werden noch weitere zwei Jahre lang überwacht, und sich neu ergebende Daten werden auch nach der Zulassung zwingend an die Arzneimittelbehörde überliefert⁵.
Der Vergleich mit dem Contergan-Skandal ist daher mehr als weit hergeholt.
Als dieser Wirkstoff 1957 auf den Markt kam, waren faktisch keine Anforderungen zur Zulassung eines Arzneimittels vorgeschrieben, Konzerne hatte lediglich einen Qualitätsnachweis zu erbringen und waren selbst für das Inverkehrbringen verantwortlich. Nachdem der Zusammenhang zwischen Einnahme des Medikaments von Schwangeren und schweren Missbildungen bei deren Neugeborenen nachgewiesen wurde, wurde das Arzneimittelgesetz und somit auch das Zulassungswesen reformiert⁶. Auch die Anwendung des Corona-Impfstoffes ist bei Schwangeren so lange kontraindiziert, bis Daten zur Reproduktionstoxizität vorliegen.
Die Daten aus der Phase III-Studie des Corona-Impfstoffes wurden am 10. Dezember im New England Journal Of Medicine veröffentlicht und sind ohne Zugangsbeschränkung für jede*n nachlesbar⁷. Häufige Nebenwirkungen waren lokale Reaktionen wie Schmerzen, Schwellungen und Rötungen an der Einstichstelle, und grippeähnliche Symptome, wie Fieber, Schüttelfrost, Müdigkeit und Kopfschmerzen. Diese Symptome hielten in der Regel ein bis zwei Tage an.
Bei vier von 21720 Personen traten unerwünschte Wirkungen auf, die zum Studienabbruch führten. Darunter fallen eine Schulterverletzung, eine schwere Lymphadenopathie in der Achselhöhle, das Auftreten einer Arrhythmie sowie einer Parästhesie im Bein. Insgesamt traten bei 0,3 % der Teilnehmer eine Lymphadenopathie auf. Schwere allergische Reaktionen, sind in den Studien nicht aufgetreten. Seit der Verwendung des Impfstoffes in USA und UK sind 8 Fälle schwerer anaphylaktischer Reaktionen auf circa 400000-500000 Patient*innen bekannt geworden. Es wird vermutet, dass der Inhaltsstoff Polyethylenglykol dafür verantwortlich ist. Dieser Stoff wird üblicherweise genutzt, um die Löslichkeit bestimmter Substanzen z. B. in Injektions- und Infusionslösungen zu verbessern. Er kommt auch in Kosmetik wie Cremes oder Zahnpasta als Hilfsstoff vor.
Es sind keine mit der Impfung assoziierte Todesfälle in den Studien aufgetreten.
Die häufig auftretenden Nebenwirkungen können teils sehr intensiv ausfallen ansonsten entsprechen die derzeit bekannten Risiken in etwa den üblichen, bei Impfstoffen zu erwartenden Nebenwirkungen. In den meisten Fachinformationen (z. B. FSME-Immun, Influsplit) finden sich als (sehr) seltene unerwünschte Ereignisse anaphylaktische Reaktionen oder Lymphadenopathien⁵ ⁷.
Da die toxikologischen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, werden schwangere zunächst von der Impfung ausgeschlossen⁸.
…fragen Sie nicht Ihren Arzt oder Apotheker
Eine Aussage in einem Interview von Jens Spahn wurde kürzlich so ausgelegt, dass er an Ärzt*innen und Apotheker*innen appelliert, negatives über die Impfungen zu verschweigen. Er sagte sinngemäß, dass die Impfstrategie nur erfolgreich sein kann, wenn auch die Einstellung des Fachpersonals zum Impfen positiv ist und diese die Patient*innen nicht aktiv davon abraten oder verunsichern. Diese Aussage lässt nun Spielraum es so verstehen zu wollen, dass medizinisches Personal grundsätzlich unkritisch sein, und unerwünschte Wirkungen verschweigen soll⁹.
Im Grunde muss die Aussage aber nicht anders verstanden werden, als es Mediziner*innen und Pharmazeut*innen ohnehin täglich tun: Patient*innen im Kontext ihres fachlichen Hintergrundwissens über das Nutzen-Risiko-Verhältnis einer Therapie aufklären ohne sie dabei zu verunsichern. Jede*r hat sicher schon mal ein abschwellendes Nasenspray benutzt. In der Fachinformation sind sehr seltene unerwünschte Ereignisse wie Halluzinationen, Arrhythmien, Skelett- und Knochenerkrankungen gelistet. Vermutlich wurde noch niemand in einer Apotheke darauf hingewiesen oder deshalb von der Anwendung abgeraten. Auf wichtige Nebenwirkungen, wie den Gewöhnungseffekt bei zu langer Anwendung, wahrscheinlich schon. Weil Apotheker*innen und auch Ärzt*innen lernen, wesentliches von unwesentlichem zu unterscheiden und gesammelte wissenschaftliche Informationen mit Sachverstand zu bewerten. Nicht, weil sie der Bevölkerung vorsätzlich Gefahren verschweigen (sollen).
Aber wollen wir wirklich einen sogenannten „Gen-Impfstoff“?
Der Begriff ist auf mehreren Ebenen irreführend, wenn auch faktisch nicht völlig falsch.
Die im Impfstoff enthaltene mRNA stellt einen Teil der genetischen Information des Virus dar, nämlich den Teil, der für das Spike-Protein steht.
Dies hat allerdings nichts mit der genetischen Information des Menschen zu tun, die im Zellkern in der DNA liegt. Genau wie bei der Virusinfektion selbst, werden aus dieser RNA im Zellplasma Virusproteine gebildet, auf die das Immunsystem dann mit Bildung von Antikörpern reagiert.
Die Interpretation des reißerischen Begriffs „Gen-Impfstoff“, zeigt sich an den vielen Vergleichen mit so genanntem Gen-Food. Die Vorsilbe „Gen-“ löst reflexartig negative Assoziationen aus.
Aber was ist mit dem Begriff genau gemeint?
Mit Gen-Food meint man Lebensmittel, deren ursprüngliche DNA durch den Einsatz gentechnisch hergestellter DNA-Sequenzen so verändert wird, dass sich bestimmte Erbeigenschaften verändern (zum Beispiel Resistenzen gegen Krankheitserreger). Der Herstellungsprozess ist also „gentechnisch“ und das Ergebnis ist ein „genetisch manipuliertes“ Lebensmittel (welches dadurch nicht in die DNA der Konsument*innen eingreifen kann).
Die Impfstoff-RNA ist, wie fast jeder biologische Wirkstoff (andere Impfstoffe, Antikörper, oder Insulin) ebenfalls „gentechnisch“ hergestellt – die Behauptung er würde uns selbst genetisch manipulieren ist allerdings schlichtweg falsch.
An mRNA-Wirkstoffen wird vor allem in den letzten Jahrzehnten geforscht zum Beispiel in der Krebstherapie aber auch im Bereich der Impfstoffe¹⁰ ¹¹.
Limitierende Faktoren dieser Methode waren bisher zum Beispiel die Instabilität der Moleküle, der üblicherweise rasche Abbau von RNA im Körper, überschießende Immunreaktionen aber auch zu niedrige Bildung von Antikörpern in klinischen Versuchen.
Es wurden verschiedene Technologien entwickelt, um diese Problematiken zu lösen. Trägermoleküle, können das Einbringen ins Zellplasma erleichtern und den dortigen Abbau verlangsamen. Aufreinigung der Moleküle und Veränderungen in der Basensequenz verbessern die Immunogenität¹⁰. Dass bisher noch kein Präparat mit der RNA-Technologie zugelassen wurde, liegt auch daran, dass die biotechnologischen Forschungsunternehmen oft nicht die finanziellen Mittel hatten, für großangelegte Studien hatten. Durch die nun gebotene Dringlichkeit wurden erstmalig hohe Summen an Fördermitteln zur Verfügung gestellt.
Großexperiment am Menschen
Unfruchtbarkeit
Es kursiert die Behauptung der Corona-Impfstoff könne zu Unfruchtbarkeit führen. Die theoretische Überlegung ist, dass das Spike-Protein dem körpereigenen Protein Syncitin 1, welches am Aufbau der Plazenta in der Schwangerschaft beteiligt ist, ähnelt. Werden Antikörper gebildet, die das Spike-Protein bekämpfen, bestünde ebenfalls die Gefahr, dass diese auch das Syncitin 1 angreifen, und somit die Entwicklung der Plazenta beeinträchtigen.
Tatsächlich scheinen sich wenige Aminosäuren der beiden Proteine sowie die räumliche Anordnung zu ähneln¹², wissenschaftliche Publikationen über die tatsächliche Vergleichbarkeit und eine praxisrelevante Bedeutung existieren jedoch nicht.
Sollte die Hypothese in der Praxis zutreffen, beträfe dies nicht nur mRNA-basierte Impfstoffe wie Comirnaty ®, sondern jeglichen Impfstoff, der das Spike-Protein als Angriffspunkt enthält so wie die Infektion mit dem Corona-Virus selbst. In tierexperimentellen und klinischen Studien deutete bisher nichts auf fruchtbarkeitsbeeinträchtigende Effekte hin. Auch bei Corona-Infizierten Frauen wurde dieser Zusammenhang bisher nicht gefunden.
Antibody-Dependent Enhancement (ADE)
Als weiteres befürchtetes Risiko gilt das Antibody-Dependent-Enhancement, die Bildung sogenannter Infektionsverstärkender Antikörper.
Das bedeutet, dass der Körper gegen ein Antigen Antikörper herstellt, welche diesen aber nicht neutralisieren, sondern sich so an ihn binden, dass er dadurch besser in körpereigene Zellen aufgenommen werden kann¹³. Wurden diese Antikörper bei einem Erstkontakt mit einem erregerspezifischen Antigen ausgebildet, können sie bei einem Zweitkontakt eine Infektion sogar verstärken und schwere Verläufe auslösen. Das Phänomen tritt zum Beispiel bei Dengue-Fieber-Infektionen auf.
Auf dem Portal news2020 wird ohne jegliche Quellenangabe die Behauptung aufgestellt, in einer früheren Corona-Impfstoff-Studie an Katzen seien deshalb alle Tiere gestorben, was die potentielle Gefahr der aktuell entwickelten Vakzinen untermauern soll¹⁴. Die einzigen wissenschaftlichen Studien, die annähernd in einem vagen Zusammenhang gefunden werden konnten, sind Untersuchungen über die Infektion mit bzw. Impfungen gegen die Katzenkrankheit feline infektiöse Peritonitis (FIP). Sowohl zuvor infizierte als auch geimpfte Katzen entwickelten bei einem zweiten Erregerkontakt infektionsverstärkende Antikörper¹⁵ ¹⁶. Auch wenn die Erreger dieser Infektionskrankheit feline Coronaviren sind, steht diese Beobachtung genauso wenig im Zusammenhang mit dem Virus SARS-CoV-2, wie das Dengue-Fieber-Virus.
Das heißt nicht, dass Antibody-Dependent-Enhancment bei SARS-CoV-2-Infektionen oder -Impfungen zu einhundert Prozent ausgeschlossen sind, bisher sind sie jedoch nicht aufgetreten.
Eindeutig abzugrenzen ist das ADE vom ebenfalls häufig befürchteten Zytokinsturm: Einer initialen, durch das Antigen ausgelöste, lebensbedrohliche Überreaktion des Immunsystems, welche schwere Entzündungsreaktionen hervorruft, die sich nicht von selbst wieder regulieren¹⁷. Diese Reaktion wurde bisher weder in klinischen Studien oder seit der zulässigen Anwendung an Patient*innen beoachtet.
Offene Fragen…
Zugegeben, trotz der erst einmal vielversprechenden Datenlage ist ein Restrisiko für unerwartete Spätfolgen einer neuen Impfung – völlig unabhängig von der dahinterstehenden Technologie – nie völlig auszuschließen, das zeigte nicht zuletzt die Anwendung des Schweinegrippe-Impfstoffes Pandemrix ® welcher gehäuft zur Ausbildung der Schlafkrankheit Narkolepsie führte¹⁸. Umso wichtiger ist die akribische Erfassung sämtlicher auftretender unerwünschter Ereignisse sowie weiterhin kontinuierliche Übermittlung sich neu ergebender Studiendaten.
Setzt man die jährlich gemeldeten Zahlen von Impfkomplikationen ins Verhältnis zu rund 35 Millionen Impfdosen, die allein jedes Jahr von gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden, kommt man auf Ergebnisse im Promillebereich. Selbst wenn man von Underreporting von etwa 5-10 % ausgeht, bleibt die Zahl aller insgesamt erfassten direkt auf Impfungen zurückzuführenden Komplikationen bei etwa 0,1 %. Die Chance für einen Todesfall liegt überschlagen im dreistelligen Nachkommabereich.
Die insgesamt seit dem 01.01.2000 gemeldeten Impfkomplikationen sind in einer Datenbank des Paul-Ehrlich-Instituts einsehbar¹⁹.
Die Fallsterblichkeitsrate für Covid-19 beträgt dagegen aktuell weltweit 2,2 % in Deutschland 1,8 % (Daten vom 23.12.2020)²⁰. Das Risiko an Covid 19 zu versterben ist demzufolge in etwa 2000 mal höher, als an Folgen einer Impfung. Von Patient*innen, die auf Intensivstationen behandelt werden sterben im Durchschnitt 21 %²¹. Das Risiko für beeinträchtigende Spätfolgen liegt nach einer Coronavirus-Infektion bei 10-20 % der Erkrankten²², bei genesenen hospitalisierten Patient*innen sogar bei ca. 40 %²³. Darunter zählen zum Beispiel Fatigue, Atembeschwerden oder Beeinträchtigungen der Nerven oder anderen Organe.
Nach dem Impfstart sind noch wesentliche Fragen, die den zukünftigen Verlauf der Pandemie beeinflussen werden, offen: Verhindert die Impfung eine Infektion, oder nur den Ausbruch der Erkrankung? Wie lange wird der Immunschutz anhalten? Bleibten Geimpfte trotzdem ansteckend?
Die wichtigste Frage die wir uns stellen sollten, lautet allerdings:
Sollten wir einem neuartigen, innerhalb kurzer Zeit entwickelten Impfstoff vertrauen?
Oder lieber einem neuartigen Virus, das innerhalb kurzer Zeit weltweit für den Tod fast 2.000.000 Menschen verantwortlich ist?
Quellen:
¹) https://www.aerztezeitung.at/fileadmin/PDF/2017_Verlinkungen/State_Entwicklung_Impfstoffe.pdf
²) ARD Extra 10.11.2020
³) https://edoc.rki.de/bitstream/handle/176904/2381/20k1wp1IGPXXk.pdf?sequence=1&isAllowed=y
⁴) https://www.nature.com/articles/nbt0910-910
⁵) https://www.pharmazeutische-zeitung.de/mit-diesen-nebenwirkungen-ist-zu-rechnen-122462/seite/3/
⁶) https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/medizin/pharmaindustrie/pwiederfallcontergan102.html
⁷) https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2034577
⁸) https://www.gelbe-liste.de/nachrichten/zulassung-corona-impfstoff-bnt162b2-deutschland
⁹) https://www.youtube.com/watch?v=woIZPEEk4O8
¹⁰)https://www.researchgate.net/publication/340313439_Recent_advances_in_mRNA_vaccine_technology
¹¹)https://medicalforum.ch/fr/journalfile/view/article/ezm_smf/fr/fms.2013.01524/0673471338480d8132117baee0d1a842e83dac26/fms_2013_01524.pdf/rsrc/jf
¹²)https://virological.org/t/response-to-ncov2019-against-backdrop-of-endogenous-retroviruses/396
¹³)https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/088282403763635465
¹⁴)https://2020news.de/gefahr-corona-impfstoff-alle-katzen-tot/
¹⁵)https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7149311/
¹⁶)https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19122397/
¹⁷)https://flexikon.doccheck.com/de/Zytokinsturm
¹⁸)https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/63356/Grippeimpfung-Wie-Pandemrix-eine-Narkolepsie-ausloest
¹⁹)http://52625146fm.pei.de/fmi/webd/#UAWDB
²⁰)https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1103785/umfrage/mortalitaetsrate-des-coronavirus-nach-laendern/
²¹)https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/117783/Sterberate-an-COVID-19-altersbereinigt-leicht-gesunken
²²)https://www.quarks.de/gesundheit/medizin/langzeitschaeden-von-covid-19-was-wir-wissen-und-was-nicht/
²³)https://www.aerzteblatt.de/archiv/217002/Long-COVID-Der-lange-Schatten-von-COVID-19